Unter Schuppen und Siegeln

Der Morgen über Eternos war von einer dieser gedämpften Klarheiten, in denen Licht und Luft wie durch eine Seidenhaut fielen. Das Königsschloss stand als geordnete Versammlung von Winkeln und Rundungen in der Landschaft, seine Türme peitschten nicht in den Himmel, sondern wuchsen aus ihm; der Stein, aus dem es gebaut war, trug die Ruhe tausender Sonnenaufgänge in sich. Zu dieser Stunde, in der der blassgoldene Tag die Stadt erst noch ganz erfassen musste, klang das Klirren von Metall und das gedämpfte Stampfen von Stiefeln über die Höfe. Palastwachen standen an Toren, patrouillierten an den äußeren Mauern, übten Figuren auf dem Exerzierplatz. Der Atem der Stadt war ruhig; das war sein Schutz, aber heute war es auch ein Schleier.
Harran – einer der jüngeren Wachsoldaten, der dennoch schon etliche Nachtschichten hinter sich gebracht hatte – stand auf dem nördlichen Rundgang, wo der Wind gern durch die Schießscharten fuhr und dem Wachenden das Gefühl gab, Teil des Himmels zu sein. Seine Oberkörperrüstung aus gehärtetem Leder, verstärkt mit Platten aus poliertem Stahl, schloss sauber am Bund. Die Schulterrüstungen – asymmetrisch, die rechte mit einer erhöhten Kante für den Schwertarm, die linke flacher für Beweglichkeit – saßen fest. Über den Unterarmen lagen Bandagen aus weichem Leder unter den Armplatten, die für Block und Parade gedacht waren. Die Beinrüstungen waren an den Knien mit Scharnieren versehen, die Man-At-Arms selbst in einer Auffrischung der Palastausrüstung verbesserte; sie erlaubten Geschwindigkeit, ohne Schutz aufzugeben. Harran liebte dieses Gewand. Nicht aus Eitelkeit, sondern weil es ihn band: an seine Kameraden, an den Eid, den er König Randor geschworen hatte, an den Anspruch, dass man mit wenig Schimmer Großes schützen konnte.
Die Luft roch nach Eisen, Öl und frisch geröstetem Brot; es war genug, um einen normalen Tag zu erwarten. Harran neigte sich über die Mauer und strich mit dem Blick den Graben entlang. Der Graben war nicht nur Wasser und Stein; er war in die natürlichen Schichten der Erde hineingeschrieben, so dass er dem Gelände folgte, als wäre er Teil einer alten, erdgeschichtlichen Zeichnung. Jenseits des Grabens lag die Schlangenweide – ein Feld, das seinen Namen von den geschwungenen, niederen Weiden nahm, die sich im Wind bewegten, als tanzten sie. Harran warf einen Blick auf den Weg, der in die Stadt führte. Händlerkarren rollten in der Ferne an, die Achsen quietschten wie Müdigkeit, doch die Pferde schnaubten zufrieden. Ein Tag wie viele andere, also ein Tag, an dem man nicht nachlassen durfte, sich zu fragen, wo das Besondere lauern könnte.
Eine Schlange rief. Es war nicht mehr als ein kurzer, scharfer Schrei – ein Ton, der so flach war, dass er weniger Klang als ein Riss in der Stille schien. Harran drehte den Kopf. Nichts. Ein paar schwache Spuren im Staub, wo eine Eidechse über den Stein gelaufen sein mochte. Er lächelte über sich selbst; sein Ausbilder pflegte zu sagen, dass man auf der Mauer einen sechsten Sinn bekäme, der gut war, solange er nicht zum siebten wurde: der Sinn, überall Gespenster zu sehen. Harran fuhr mit einem Finger über die Naht seiner Handschuhmanschette, justierte sie, weil ein paar Staubkörner darunter gekrabbelt waren. Er wusste nicht, dass die Naht zu seinem Schicksal geworden war.
Die Schlangenmenschen – die meisten Menschen Eternias nannten sie „die Schlangen“ oder, mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Hass, „die aus dem alten Bauch der Erde“ – hatten es in den Wochen zuvor ruhiger angehen lassen. Was nicht bedeutete, dass sie ruhten. King Hiss, ihr Herrscher, war nicht der Anführer launischer Überfälle. Er war die Geduld einer Spezies, die Zeit so gebrauchte, wie andere das Messer. Seine Kinder – Rattlor, dessen Schwanz ein Metronom der Angst war; Tung Lashor, dessen Zunge die Luft in Beute verwandelte; Kobra Khan, dessen Gas den Mut in Nebel auflöste; Snake Face, dessen Gesicht selbst Steinen etwas zu sagen hatte; und Sssqueeze, dessen Arme zu Schlingen wurden – waren nicht in den Schatten verschwunden, weil sie verjagt wurden, sondern weil sie hörten, was aus der Tiefe kam: den Plan, der wie eine Welle anstieg.
In einer Versenkung jenseits der Schlangenweide, dort, wo das Land an die ersten Rippen der Felsflächen stieß, lagen längst vergessene Grabungsanlagen. Einst hatten Menschen hier nach Erz gebuddelt, später nach Wasser in einer Dürre, die sich nur noch alte Frauen bei Kerzenlicht erzählten, meist als Vorwarnung bei triefendem Honig. Die Stollen waren aufgegeben, gebrochen, verschüttet. Und doch gab es Gänge, die älter waren als Menschenhände, Schlangenröhren, die die Erde vor Ewigkeiten gebohrt hatte. Dort waren sie. Eine Handvoll, nicht viele, denn viele sind laut. Rattlor, Kobra Khan, zwei junge, namenlose Schlangenmänner, deren Augen noch den Wunsch hatten, einen Namen zu verdienen. Ein dritter blieb im Schatten, die Zunge draußen, der Blick in der Nische: Tung Lashor, bereit, zu greifen, wenn der Moment sprang.
Rattlor bewegte den Kopf langsam, seine Schuppen knisterten, als würde trockene Farbe aufbrechen. „Jetzt,“ zischte er. Kobra Khan nickte. Es war kein Plan, der Worte brauchte; sie hatten ihn tausende Male geübt. Kobra Khan ließ den Kopf über dem Wasser des Grabens erscheinen. Zwei Schläge mit der Zunge, nicht, um zu schmecken, sondern um den Wind zu messen. Dann sprang er, nicht hoch, nicht weit, nur so, dass er den Rand empfing. Seine Finger, krallig, aber mit weicher Haut über den Kanten, fanden Halt zwischen den Steinen. Er kroch wie Wasser, nur schneller. Sein Atem war ruhig. Er war bei der Mauer, unten, unter dem Schatten des Rundgangs. Er wartete.
Rattlor rollte sich, ließ den Schwanz auf den Boden fallen, nur einmal. Ein Ton ging vom Metall in den Stein und von dort in die Luft. Nicht laut. Aber wer Ohren wie Harran hatte, der horchte auf. Was er hörte, war nicht das Klatschen eines Hechts im Graben, sondern das Summen einer losen Schildniete. „Verdammt,“ murmelte Harran, kniete, legte die Hand auf die Platte an seiner Brust, die bei Sprüngen gern vibrierte. Die Niete war fest. Er stand wieder auf. In dem Moment hob Kobra Khan den Kopf. Seine Nüstern weiteten sich. Ein Gas, kaum gefärbt, sickerte heraus. Es war nicht das schwere Gas, mit dem er Feinde schlug; es war ein leichter, klebriger Hauch, der nach Wurzeln roch. Er kroch an der Mauer nach oben, geruchlos für die, die ihn nicht kannten. Harran atmete ein.
Es war nicht, dass ihm die Augen schlossen. Es war, dass sie ein bisschen weicher wurden, die Ränder verschwammen, der Blick einen Schritt hinter ihn trat, wie jemand, der sagen will: „Ich prüfe das Bild aus der Entfernung.“ Er blinzelte, schüttelte den Kopf, trat einen Schritt zurück – und fühlte, wie seine Hand den leeren Raum traf, dort, wo er eben noch die Mauer gefühlt hatte. Ein Schwindel, klein wie eine Katze droben. Er fing sich, doch da waren Hände an seinen Knöcheln, hart, schnell, glitschig. Ein Ruck. Eine zweite Hand, höher, an der Beinrüstung. Zug. Harran griff nach der Mauerkrone, aber seine Handschuhe glitten über den abgeschabten Stein. Ein Gesicht tauchte in seinem Sichtfeld auf, halb aus Schatten, halb aus dem stinkenden Glanz einer feuchten Zunge, die an der Mundkante leckte. Er sah Augen mit einem Schimmer, der nicht menschlich war, zu tief im Kopf und doch zu nahe an der Haut.
Er schlug zu, mit dem Griff seines Speers, blind, hart. Ein Schlag, ein Keuchen, eine Zunge schnellt zurück. Er schrie. Neben ihm hörte er ein Geräusch, als ziehe jemand einen Teppich über Stein. Der Schatten hinter ihm zog sich zusammen. Er war halb über der Mauer, halb davor, an den Kanten seiner Beinplatten zerrend. Er trat, traf etwas. Es war nicht genug. Jemand packte seinen rechten Arm, in dem der Speer war, und zog ihn nach unten. Jemand anderes – Rattlor – schlug mit dem Schwanz die Innenseite des Rundgangs. Ein Rhythmus, der Harrans Muskeln küsste. Sie antworteten mit einer Sekunde zu spät.
Harran fiel. Nicht wie ein Stein. Eher wie eine schwere Decke, die man vom Stuhl zieht. Er landete auf etwas, das weich war und nach feuchtem Leinen roch. Hände – fünf, sechs, acht? – griffen nach ihm, legten ihn in ein Tuch, das so alt war, dass es nach Zeit roch. Jemand zog an der Kante. Sie rollten. Der Sack war nicht eng, aber er war ein Witz darüber, wie man nicht atmen will. Er hörte das Gurgeln des Grabens. Er hörte, wie jemand lachte. Es war ein Lachen, das nicht aus einem Mund kam, sondern aus einem Hals, der zu lang ist. Dann klappte etwas über ihm, und die Welt wurde nicht dunkel – sie wurde zu einer einzigen Farbe: der Farbe von innen.
Sie trugen ihn in die Erde. Er fühlte es, obwohl er es nicht sah: den Wechsel von Luft, die wie ein Messer war, zu Luft, die wie Hände waren – weich, aber nicht freundlich. Die Decken wurden hart, die Decke wurde niedrig. Der Geruch wechselte von Wasser zu Stein zu etwas, das man nicht beschreiben konnte, weil die Sprache keine Worte hat für die Mischung aus alter Haut, altem Metall, alten Speichel. Sie warfen ihn nicht, als hätte er kein Gewicht. Sie schoben ihn in einen Raum, dessen Temperatur er sofort spürte – feucht, schwer, wach.
Als sie den Sack von seinem Kopf rissen, war sein erster Instinkt, die Augen zu schließen. Es nicht zu tun, war eine Entscheidung. Der Kerker war nicht groß, aber er war die Mitte eines Netzes aus Gängen, die wie Adern in die Erde gingen. Die Wände waren glatt geschleckt, nicht von Wasser, sondern von Körpern, die immer wieder daran entlang gestrichen waren. Lichter – nicht Fackeln, sondern Schalen mit einer salzigen Substanz, die brannte, ohne Flamme, eher wie ein glühender Gesteinsbrocken – hingen in Nischen. Sie spuckten einen blassen, kranken Schein, in dem die Welt keine Schatten, sondern doppelte Konturen hatte. Am Boden, in einem Gitter, lagen alte Knochen, nicht viele, aber genug, um zu wissen, dass hier schon länger Dinge passierten, die man nicht im Hof erzählte. Die Luft war warm, aber nicht freundlich warm. Sie war die Art von Wärme, in der man nicht schlafen kann.
Harran war wach. Er war nicht gefesselt – noch nicht. Er verspürte den Impuls, etwas zu sagen. Ein Schimpfwort, ein Gebet, ein Name. Er sagte nichts. Vor ihm standen drei der Schlangen: Kobra Khan, dessen Haut in diesem Licht aussah, als wären Schuppen flach wie Flusssteine; Rattlor, die Muskeln entlang der Seiten, die bei jedem Atemzug leicht spielten; und Tung Lashor, der die Hände auf einem niedrigen Tisch hatte, der aus zusammengesetzten Knochenplatten bestand und mit Schnüren aus getrockneter Haut zusammengehalten war. Auf dem Tisch lag etwas, das wie eine Schnecke in der Sonne glänzte. Erst beim zweiten Blick erkannte Harran sein Eigentum: Teile seiner Ausrüstung. Seine Oberkörperrüstung, mit der er so vertraut war, dass er ihren Geruch von Schweiß, Eisen und Öl als seinen eigenen roch; die Schulterrüstungen, die einen Schlag wie einen Satz ableiten konnten; die Armplatten, in denen kleine Kratzer Geschichten trugen: Hier hatte er das Tor verteidigt, dort war er an einem Stein hängen geblieben, als er zu schnell abbog. Die Beinrüstungen, innen mit Stoff gepolstert, der seine Haut kannte.
„Nimm ihn aus,“ zischte Tung Lashor, und die Stimme klang nicht, wie man es erwarten würde – nicht kalt, nicht zischend, sondern fast freundlich, als schlage er vor, jemandem den Mantel abzunehmen, weil es heiß geworden ist. Zwei junge Schlangenmänner traten vor. Ihre Hände waren flink, ihre Fingernägel sauber. Sie griffen nicht grob, aber sie griffen sicher. Die Schnallen seiner Oberkörperrüstung knipsten auf, der Augenblick, in dem der Brustpanzer abging, war wie ein Kuss zurück an die Haut. Die Schulterrüstungen lösten sich mit einem kleinen Ruck. Sie zogen ihm die Armrüstung ab, die Ledermanschetten klebten kurz. Sie schnallten die Beinrüstung ab, die Riemen klatschten leise gegen den Stoff seiner Hose. Sie nahmen ihm nicht die Stiefel ab, nicht, weil sie freundlich waren, sondern weil Stiefel für sie nicht interessant waren. Sie wollten die Kunst des Schutzes, nicht die Kunst des Schritts.
„Warum?“ fragte Harran, und seine Stimme klang in diesem Raum zu groß. Rattlor legte den Kopf schief, als höre er zum ersten Mal eine Frage. „Weil du etwas trägst, das wir brauchen,“ sagte er. „Nicht den Stahl. Die Form. Die Gewohnheit deiner Art, sich zu schützen. Wir wollen sehen, wie ihr glaubt, dass ihr unverwundbar seid. Wir wollen es tragen. Und wir wollen es werden.“
„Ihr könnt keine Menschen werden,“ sagte Harran, die Lippen trocken, aber nicht ohne Mut. „Ihr könnt nur die Schale kopieren.“
„Schalen sind eine Weile genug,“ murmelte Kobra Khan und strich mit einer Klaue über die obere Kante der Brustplatte. Sie kratzte kurz und hinterließ eine feine, helle Linie. „Wir brauchen nicht lang. Wir brauchen nur den Augenblick, in dem man die Schale anschaut und glaubt, dahinter sei das, was man erwartet.“ Er hob die Rüstung an, roch daran, ließ sie wieder sinken. „Ihr riecht… anders,“ sagte er, fast melancholisch, als rede er über eine alte Geliebte. „Es ist eine Herausforderung.“
„Wir nehmen die Schale, zeichnen sie ab, füllen sie mit uns,“ sagte Tung Lashor. „Wir gehen in euer Haus und werden eure Brüder. Und dann öffnen wir die Türen für unsere echten Brüder.“ Er lächelte, und sein Lächeln war nicht zynisch. Es war ein Lächeln, das in einer anderen Kultur freundlich gewesen wäre.
Sie sperrten Harran in eine Nische, die eine Türe aus einer hautähnlichen Membran hatte. Sie war nicht gepolstert, nicht hart. Sie gab nach, wenn man drückte, aber sie hielt, wenn man zog – eine Eigenheit, die die Schlangen sehr schätzten. Er setzte sich auf den Boden und stützte die Ellbogen auf die Knie. Er versuchte, das Zittern in seinen Händen zu unterdrücken. Es war nicht die Angst vor Schmerz. Es war die Erkenntnis, dass die Welt, die man kennt, nicht nur von Schwertern bedroht wird, sondern von Listen.
Auf der anderen Seite, am Knochen-Tisch, begannen sie zu arbeiten. Ein Schlangenmann, älter, die Haut mit den helleren Kringeln, die Schuppen zeigen, die öfter geschubbert wurden, trat aus dem Schatten: der Schmieder, von anderen „Schuppenschmied“ genannt, mit einem Namen in der Sprache seines Volks, der ein Scharren auf der Zunge war. Er holte Instrumente aus einer Nische: keine Hämmer und Zangen, sondern Spatel, die wie Knochen aussahen, Messer mit gezackten, weichen Klingen, Pinsel mit Haaren, die nicht von Pferden stammten. Er schnitt, er füllte, er wischte. Er nahm Abdrücke aus einer Masse, die aussah wie feuchter Ton, aber kalt war. Er drückte die Rüstung hinein, drehte sie, hob sie, ließ sie. Er machte Notizen, indem er mit einer dünnen Kralle Zeichen in eine Wachstafel ritzte. Seine Augen funkelten, wenn eine Linie zu seiner Zufriedenheit ausfiel.
„Die Oberkörperplatte,“ murmelte er, „die Kanten sind, hm… nein, das kann ich besser. Die Menschen lieben gerade Kanten. Wir machen sie gerade. Schulterplatte, rechts höher als links… Warum? Wegen des Schwertarms. Gut. Wir machen die linke nur scheinbar schwerer, damit sie gleich aussieht. Armrüstung… Die Verbindungen… die Nieten… Ah! Die Nieten riechen nach dem Öl von Man-At-Arms. Das werden sie sehen. Wir müssen den Geruch kopieren.“ Er mischte eine Paste, die nach verbranntem Minzenkraut roch, rieb sie an die Innenseite der Rüstung, roch, nickte. „So. Beinrüstung… der Scharnierwinkel… die Sporenfeder…“ Seine Freude war die eines Malers, der endlich die Risse im Lack versteht.
Stunden vergingen, in denen nur das Schaben von Schuppe an Stoff, das leichte Schnalzen von Zungen, das zarte Pfeifen von Nasenlöchern zu hören war. Harran in seiner Zelle sah nicht viel, aber er hörte, und er formte sich aus den Geräuschen ein Bild. Einmal schlief er ein und träumte, dass er in seiner Rüstung lag und die Rüstung schwer war und doch nicht bei ihm. Als er aufwachte, stand Kobra Khan vor seiner Zelle und blickte ihn an, als schaue er auf ein Bild in einer Galerie. „Es ist fast soweit,“ sagte er. „Du wirst gehen. Wir werden bleiben. Das ist ein guter Tausch.“
Harran hatte nicht die Kraft, Wut zu spielen, wo die Angst um seine Kameraden ihn wie ein Zusatzpanzer umhüllte. Er sagte nichts. Kobra Khan nickte, als verstehe er den Wert von Stille. „Du wirst gehen,“ wiederholte er. „Du wirst berichten. Wir zählen darauf.“ Es war nicht, dass er sich verraten fühlte, wenn Harran sie schilderte; es war, dass er wusste, dass Furcht eine Waffe ist, die nicht durch Geheimnisse schärfer, sondern durch Geschichten. Er drehte sich um, und seine Schwanzspitze strich über den Boden, als zeichne sie eine Linie, die Harran nicht lesen konnte.
Als sie ihn freiließen – und „freilassen“ ist das richtige Wort, denn sie gaben ihm die Beine, die Arme, die Arme ohne Eisen –, taten sie es mit einer seltsam höflichen Geste. Sie brachten ihn nicht an denselben Ort, an dem sie ihn genommen hatten, sondern an den Rand der Schlangenweide, dort, wo der Graben in einen natürlichen Bach überging. Sie legten ihm die Hand auf den Rücken und schoben ihn sanft. Er taumelte, fing sich, sah zurück. Er sah nichts. Kein Schrank, keine Wunde im Boden, kein Spalt, der verriet, wo er gewesen war. Nur Weiden, die sich im Wind bogen, als winkten sie.
Er lief. Er lief nicht wie ein Held in einem Lied; er stolperte, hielt sich an Sträuchern, fiel einmal, stand auf, lief weiter. Sein Körper war nicht müde. Er war verwirrt. Er erreichte den äußeren Posten und schrie mit einer Stimme, die rau war, weil sie Stunden nur in seinem Kopf gesprochen hatte: „Alarm! Alarm! Öffnet!“
Spieße, Speere – die Wachen waren geübt. Sie sahen ihn, sie sahen die Leere über seinen Schultern, die Leere an seinen Unterarmen. Sie sahen den Schweiß, der in kleinen Flüssen lief, dunkler als das Öl, das sonst von Rüstungen fetten. Sie sahen die Augen, die weit waren, aber nicht leer. Eine Wache, älter, die Falten im Gesicht wie gut gezogene Linien, griff nach ihm und fing ihn ab, bevor er fiel. „Harran!“ Er kannte ihn – die Palastwachen kannten sich, so viele waren es nicht, dass ein Name nicht Gewicht trug. „Was…?“
„Schlangen,“ keuchte Harran. „Sie… sie haben mich…“ Er rang nach Luft. Die Palastwache entfernte ihn vom Tor, bevor die halbe Stadt wusste, dass die Schlangen so nahe waren. Zwei liefen zum inneren Hof, während die anderen den Rundgang versiegelten. Der Alarm war kein Schrei; er war eine Folge von Glockenschlägen, die zwischen den Türmen liefen und den Klang in das Schloss trugen, ohne die Stadt zu wecken. Man-At-Arms hörte sie und legte das Werkzeug zur Seite. Teela hörte sie und war bereits auf dem Weg. He-Man, der im Hof mit Battle Cat eine halbe Stunde geübt hatte, stand bereits, als die ersten Schläge erklangen. King Randor, der in einem Arbeitsraum saß, in dem Landkarten lagen – nicht als Tapeten, sondern als Werkzeuge –, hob den Kopf. Er war kein Mann, der bei jedem Alarm aufsprang, als habe er noch nie Alarm gehört. Aber in diesem Ton, in dieser Sequenz, war etwas, das man nicht oft hörte: eine Note für „wichtig“ und „nah“.
Harran stand in einem Raum, dessen Wände von Waffen bedeckt waren, die nicht in der Schlacht hängen sollten. Es war ein Ort, an dem man sprach. He-Man stand nicht in der Mitte; er stand so, dass Harran, der auf einem Schemel saß, nicht den Kopf zu weit hebeln musste. Teela war an der Seite, die Hände locker, aber ihre Finger bewegten sich, als hielten sie einen Stab, den sie nicht hatte, weil sie entschied, dass er in diesem Raum nicht sein musste. Man-At-Arms nahm nicht Notizen. Er hörte. King Randor kam, ohne Getöse, und seine Anwesenheit war wie ein schweres Buch auf einem wackeligen Tisch: Alles konnte darauf ruhig werden.
„Sag es,“ sagte He-Man, und seine Stimme war ruhig. Harran sprach. Er ließ keine Details weg, die ihm unwichtig vorkamen. Er sagte, wie der Wind roch, als es begann. Er sagte, wie die Hand an seiner Beinrüstung sich anfühlte. Er sagte, wie die Rüstung auf dem Tisch lag, wie sie ihre Pasten mischten, wie der Schmied lächelte, als er die Kanten begradigte. Er beschrieb die Kerkerwand, als sei sie ein Gesicht, das er nicht vergessen wolle, obwohl er es hassen musste. Als er geendet hatte, war es eine Zeitlang ruhig.
„Sie wollen sich in unsere Rüstungen kleiden,“ sagte Teela, und es war kein Erstaunen in ihrem Ton. Es war Respekt vor der List. He-Man nickte. „Sie wollen unser Bild tragen, unsere Gesten, unsere Tritte, unsere müden Schultern. Sie wollen uns sein, bis wir es glauben.“ Man-At-Arms stützte die Hände auf den Tisch. „Sie werden Fehler machen,“ sagte er. „Nicht, weil sie dumm sind, sondern weil man nicht alles kopieren kann. Unsere Rüstungen…“ Er hob eine Schulterplatte vom Haken und warf sie in die Hand. „… haben einen Klang. Eine bestimmte Art, aneinander zu schlagen. Eine Abnutzung, die von der Art, wie wir gehen, kommt. Ein Geruch. Wir werden nicht auf den Blick vertrauen. Wir werden hören. Riechen. Tasten. Messen. Und wir werden testen.“
King Randor legte die Fingerspitzen aneinander, wie jemand, der eine Schale formt, in die man Wasser gießt. „Wir werden niemanden demütigen,“ sagte er ruhig, „aber wir werden für jeden eine Pflicht schaffen: sich zu zeigen. Meine Wachen sind nicht stolz gegen die Prüfung, wenn die Prüfung uns gemeinsam schützt. Wir werden es ihnen sagen.“ Er sah He-Man an. „Und wir werden argwöhnisch sein, ohne zu jagen. Wer jagt, sieht Münder, wo Gesichter sind. Wir brauchen beides: Argwohn und Maß.“
Der Tag verging nicht wie sonst. Es war, als sei eine zweite Sonne auf die Höfe gesprungen, die nur Schattenschritte war. Man-At-Arms begann, an Geräten zu arbeiten, die nicht groß waren, aber gewitzt. Er schnitt kleine Stücke aus einem Sonnenstein, den er vor Jahren aus einem Kessel in den Hellwäldern geborgen hatte; ein Stein, der auf Wärme nicht nur mit Glühen, sondern mit einem leisen Ton reagierte, den man eher im Handgelenk fühlt als im Ohr. Er setzte die Stücke in Fassungen, montierte sie auf Laternen, deren Schirme er neu bezog, so, dass das Licht darin nicht nach außen strahlte, sondern zwischen den Lagen aus Blattgold und Alchemistenpapier tanzte. In diesem Tanz, so wusste er, würden kalte Körper sich anders bewegen als warme. Er bereitete Schalen mit einer Paste aus Kingerblütenpulver und gequetschten Blättern des Seiduerstrauchs vor, die Feuchtigkeit anders färbte, wenn sie aus den Atemwegen von Echsen kam oder aus den Nasen von Menschen. Er gab jedem Wachposten eine Schale und eine kleine, unscheinbare Laterne. Er sagte ihnen, was sie tun sollten, ohne sie zu erschrecken. Teela stellte die Wachablösungen um. Nicht so, dass die Ordnung selbst zur Gefahr wurde, aber so, dass niemand das tun konnte, was er immer getan hatte, ohne zu denken.
He-Man blieb nicht im Hof. Er ging durch die Gänge. Er sprach mit Wächtern, nannte sie bei ihrem Namen, legte ihnen kurz die Hand auf die Schulter – nicht zum Trost, sondern als Frage, die man nicht aussprechen muss. Battle Cat blieb an seiner Seite, und die Wachen streckten ihm unaufgefordert die Hand entgegen, damit der große Tiger riechen konnte. Battle Cat roch nicht nur nach Fleisch. Er roch wie ein Archiv aus Geschichten. Er konnte sagen, ob jemand in der Nacht draußen gewesen war, ob jemand Honig gegessen hatte, ob jemand eine kleine Wunde an der Hand hatte, die nicht blutete. Er konnte den Unterschied zwischen dem Öl, das man immer an einer Rüstung trägt, und dem Öl eines Fremden riechen, das die schuppige Haut darunter freundlicher machen soll. Er brummte manchmal, und das Brummen war nicht Drohung, sondern Notiz.
Gegen Abend, als die Dornwinde aufhörten und die Luft einen Augenblick träge war, traten sie in den Hof. Eine Versammlung. Nicht aller Wachen, das war unklug. Aber vieler. Man-At-Arms stellte eine Konstruktion auf: nicht groß, nicht bedrohlich. Ein dünner Bogen aus Metall, an dessen oberer Kante die Sonnensteine saßen, und am Fuß kleine Schalen mit Kingerblütenpaste. „Wir prüfen,“ sagte er und lächelte. „Ich weiß, dass keiner von euch es persönlich nimmt. Es ist wie, wenn man das Tor ölt. Es ist kein Vorwurf an das Tor. Es ist Sorge für alle, die es schützt.“ Er bat sie, nacheinander durch den Bogen zu schreiten, kurz unter der Laterne zu stehen, die Andeutung eines Gähnens zu machen – genug, um den Atem zu schicken –, und dann zwei einfache Figuren der Wacht zu laufen: den Schritt über die schräge Platte, die an einer Stelle lag, und den Dreh unter dem rechten Arm hindurch. Es war nicht viel. Es war genug.
Harran stand am Rand, in einer Decke, nicht in Rüstung. Er betrachtete seine Kameraden, wie sie den Bogen passierten. Die Sonnensteine summten leise, kaum hörbar. Die Laternen flüsterten. Die Kingerblütenpaste schimmerte. He-Man stand neben dem Bogen, nicht wie ein Wächter, eher wie ein Musiker, der darauf wartet, dass die ersten Noten eines Liedes erklingen. Battle Cat saß und blinzelte langsam. Teela hatte den Stab in der Hand, den sie sonst nicht im Hof trug, wenn es nicht nötig war. Aber heute war er ein Zeichen, nicht für die Wachen, sondern für die, die vielleicht zusahen.
Auf der anderen Seite, weit draußen, am Rand des Staubs, entstanden Schatten. Die Schlangenmenschen, gekleidet in der Kopie einer Idee. Sie trugen Rüstungen, die aussahen, als hätten sie die Wände der Werkstatt verlassen. Sie gingen, als hätten sie gelernt, wie ein Mensch zu gehen. Sie hatten sich mit einer Paste eingeschmiert, die aus pulverisierten, getrockneten Kräutern gemacht war, die Menschen gern in Badehäusern verbrannten. Sie hatten in ihren Mund Höhlenstücke von etwas gelegt, das den Atem feucht machte. Sie hatten geübt, die Zunge nicht zu zeigen. Ihre Helme saßen tief, ihre Brustplatten glänzten dort, wo sie sollten, und waren stumpf, wo sie stumpf sein mussten. In der Dämmerung sahen sie aus wie Wachen, die von einem langen Patrouillenritt zurückkamen. Sie waren gut. Zu gut, dass es, wenn man es nicht wusste, nichts gab, woran man sie hätte messen können.
Sie näherten sich dem Tor und gaben Zeichen, die die Wachen kannten. Von innen kam ein Gegensignal. Sie gaben es zurück, nicht verzögert, nicht falsch. Die Torwache – ein Mann namens Jeno, breit, ruhig, der selten lachte, aber oft lächelte – senkte den Speer ein wenig. „Spät seid ihr,“ sagte er. „Der Wind war lang,“ antwortete der vorderste – es war Kobra Khan, der gesprochen hatte, aber seine Stimme war mit einem leichten Husten belegt, der anders klang. „Die Schlangenweide hat uns aufgehalten.“ Jeno nickte. Er machte mit der Hand eine Geste. „Man-At-Arms will euch sehen. Kurz. Eine neue Meldung. Nichts Schlimmes.“
Kobra Khan nickte ebenfalls. Er machte fast einen Schritt zu weit – ein verräterischer Hunger – und ging dann, als hätten seine Füße das nachgeholt, was sein Kopf wusste. Sie traten in den Hof. Viele Augen waren da. Viele Blicke. Es war warm geworden, das Licht brach in einer Art, die Ränder macht. Kobra Khan fühlte es an der Haut unter der Rüstung. Es juckte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Wärme eine Prüfung sein kann.
„Geht einzeln,“ sagte Man-At-Arms freundlich. „Es geht schnell. Wir danken euch.“ Der erste trat unter den Sonnensteinbogen. Er blieb stehen. Er gähnte – es war ein guter, rettender Trick, den ihnen jemand beigebracht hatte; es sah natürlich aus, es klang natürlich. Man-At-Arms blickte nicht auf sein Gesicht, nicht auf die Brust, nicht auf die Hände. Er hörte auf die Steine. Der Stein summte, wie er es sollte. nichts Verdächtiges. Er hörte auf die Laterne. Sie machte ein schnelles, feines Knistern, das man bei manchen Menschen hörte, wenn sie gerade aus der Kälte kamen. Er roch die Paste. Sie roch nach Kingerblüte. Sie färbte sich – wie? Sie färbte sich ins Rosenfarbene, nicht ins Orange. Er ließ den Mann weitergehen. Battle Cat schnupperte, hob den Kopf, ließ ihn wieder sinken. Der Mann lief die zwei Figuren und tat es gut, wenn auch ein wenig zu straff im Dreh unter dem rechten Arm. Eine Note in Man-At-Arms’ Kopf.
Der zweite trat ein. Es war Rattlor in einer Rüstung, die ihm ein wenig zu kurz an den Knien war, doch er stand so, dass es weniger auffiel. Er gähnte nicht. Er atmete, kurz, scharf, die Zunge zuckte unmerklich. Die Laternenflamme machte ein Geräusch, als habe jemand einen winzigen Tropfen Wasser auf eine Pfanne geträufelt. Der Sonnenstein summte, aber er tat etwas anderes, das nur jemand fühlte, der ihn gemacht hatte: Er summte und fiel dann eine halbe Note, als reagierte er auf eine Hand, die sich zurückzog. Man-At-Arms’ Augen wurden schmal. „Nächster,“ sagte er, als wäre nichts.
He-Man stand, fühlte mit. Er sah, hörte, roch, spürte. Er bemerkte Kleinigkeiten, die nicht Dinge waren, die man auf eine Liste setzt: Diesen Schritt, der auf einer schrägen Platte einen Hauch zu wenig kompensierte. Jenen Blick, der zu schnell flackerte, als Battle Cat nahe kam. Die Art, wie eine Hand den Speer hielt, nicht zu fest, nicht zu locker, aber mit den Fingern einen Hauch weiter oben als die Wachen es taten, weil sie ausgetretene Stellen an den Schäften hatten, die die Finger kannten. Teela bemerkte, dass zwei von ihnen in der Nähe des offenen Kohlenbeckens auf dem Hof nicht standen, wie Wachen gern stehen: mit dem Rücken zur Wärme. Sie standen mit der Seite zur Wärme, als wäre ihr Rücken empfindlich.
Es gab keine dramatische Enthüllung. Es gab kein „Aha!“ und kein herunterreißen eines Helms. Es gab einen Moment, in dem das Ganze – Blicke, Geräusche, Gerüche, Gewohnheiten, Instinkte – eine Linie wurde, auf der ein Name stand: Falsch. Man-At-Arms berührte leicht den Bogen. He-Man hob die Hand, nicht hoch, nur so, dass Teela es sah. Teela nickte unmerklich. Battle Cat brummte, kurz. Es war genug. „Danke, Männer,“ sagte He-Man. „Ein Schritt zur Seite, dort entlang.“ Er wies auf eine Linie von Fliesen, die neu im Hof waren. Niemand wusste, dass sie neu waren, niemand sah die feinen Unterschiede im Stein. Sie enthielten Sonnensteinsplitter in einer Tiefe, die nicht sichtbar war, aber reagierte, wenn darauf gegangen wurde.
Die falschen Wachen traten darauf. Der Stein summte nicht. Er knisterte. Es war nicht laut, nicht sichtbar. Es war spürbar. He-Man hörte es, Teela hörte es, Man-At-Arms fühlte es in den Knöcheln. Die echten Wachen, die nebenher gingen, fühlten es nicht. Dann ging etwas durch den Hof, das in Geschichten der Augenblick heißt, in dem der Vorhang fällt. Kobra Khan – der vorderste – wusste, dass etwas schief ging. Er wusste nicht, wo. Er wusste nur, dass alle alten Pläne auf eine Weise zu enden pflegen: mit einem Sprung. Er sprang zuerst mit dem Blick. Er ließ die Höflichkeit fallen. Seine Zunge schnappte ganz – ein Reflex, der nicht mehr gehalten werden konnte. Es war ein Zucken einer Haut, die zu lange still gelegen hatte. He-Man sah es. Er musste nicht „Aha!“ schreien. Es reichte ein Wort, das nur in einer Sprache Sinn machte, die unter Palastwachen gesprochen wird: „Schließen.“
Zehn Dinge geschahen in einer Sekunde. Die Tore der drei Hofausgänge fielen in Riegel. Eine Kette an einem Balken ließ sich mit einem Ruck fallen, so dass ein Gitter aus Seil sich vor dem offenen Durchgang senkte, durch den man die Küche erreichte. Battle Cat sprang, nicht an den Kehlen, sondern in den Weg. Teela fuhr den Stab hoch, die Spitze eine Handbreit entfernt vom Gesicht eines falschen Wächters, der in diesem Moment die Augen schloss. Man-At-Arms ließ seine Hand fallen, und der Bogen der Sonnensteine kippte, nicht nach vorn, nicht nach hinten, sondern zur Seite, so dass er eine Linie bildete, an deren Ende es keinen Platz mehr gab, den falsche Wachen erreichen konnten, ohne daran zu streifen.
Rattlor zischte, nicht vor Wut, sondern als Signal. Von draußen, hinter einer Mauer, kam das scharrende Geräusch weiterer Schritte. Sie hatten zwei Wege gewählt – die falschen Wachen an der Front, und eine Handvoll, die durch einen Versorgungsgang an der Rückseite des Hofes in den Palast eindringen wollten. Mekanek, der auf dem Türmchen am Südrand stand, sah sie, weil sein Hals ihn hoch brachte, ohne dass er laut sein musste. „Südlicher Gang!“ rief er, und seine Stimme war ein Pfeil, der dorthin zeigte, wo er hinflog. Stratos und Buzz-Off schossen gleichzeitig los, der eine vom Himmel, der andere vom Hofrand. Ein Netz, das man nicht sah, sondern roch – ein feiner Harzduft, von Buzz-Off in der Luft verteilt – machte den Gang für Schlangen unangenehm; nicht tödlich, nur so, dass sie den Kopf zogen.
Im Hof fiel ein Helm. Er war nicht von selbst gefallen, sondern weil He-Man mit einer Bewegung des Schwertes die Lederriemen, die ihn hielten, angeschnitten hatte. Der Helm blieb an einem Auge hängen und rollte dann doch. Das Gesicht darunter war nicht zu sehen – Kobra Khan hatte eine Maske, die aussah wie ein menschliches Gesicht, doch die Ränder waren in der Hitze feucht geworden, und als sie fiel, sah man die Kante darunter: ein Hauch von Schuppen. Es war genug. Rufe, die keine Worte brauchten, brachen los.
Der Kampf war kein lautes Durcheinander, sondern ein Wechsel von schnellen, kurzen Sätzen. He-Man schlug nicht hart, er hielt hart. Er parierte einen Stoß, der nicht mit einem Speer, sondern mit einer verborgenen Klinge geführt wurde, die aus dem Unterarm sprang – eine Eigenheit, die die Schlangen in ihre Rüstungen eingebaut hatten. Er drehte, legte die Klinge flach an die Kehle, nicht um zu schneiden, sondern um zu sagen: „Nicht noch einmal.“ Teela stieß einen in die Knie, indem sie die Außenseite seiner Oberschenkel traf – Schlangen mögen keinen Druck auf die Außenmuskeln –, und als er fiel, setzte sie ihm den Stab in den Rücken, dort, wo der Panzer schwächer war, weil er auf menschliche Wirbel eingestellt war. Man-At-Arms ließ ein kleines, unscheinbares Gerät fallen, das auf dem Boden in vier Richtungen einen Ring aus vibrierendem Licht legte; die Schlangen, deren innere Ohren anders arbeiten, wankten sekundenlang. Es reichte, um Fesseln anzulegen, die nicht aus Seil waren, sondern aus verbundenen Bändern mit Magneten, die auf die Metallnieten der Rüstungen reagierten.
Rattlor versuchte, an den Rand zu kommen, um zu fliehen, aber Battle Cat war schneller. Er brachte ihn zu Fall, indem er ihm nicht in den Schwanz, sondern gegen die Hüfte sprang – Rattlor stürzte, nicht, weil er schwach war, sondern weil der Boden anders war, als er glaubte: eine Schieferplatte, die Man-At-Arms so gelegt hatte, dass sie bei einem Schlag nachgab und den Fuß wegnahm. Kobra Khan ließ einen Schwall Gas los, doch Orko, der bis dahin eine Ecke der Hofwand beschäftigt hatte, indem er sie zum Schmelzen brachte (er hatte es geschafft, sie nur warm zu machen, was ohnehin sein Ziel war), schob sich zwischen die Wachen und den Nebel und zog mit einer Geste Luft an, die an seinem Hut vorbeistrich, das Gas mitnahm und an den offenen Himmel ließ, wo es niemandem schadete.
Die falschen Wachen fielen. Sie fielen nicht in Stücken, sondern als Männer, die aufhören zu fighten, wenn ihre Hände gefesselt sind und ihre Pläne auf Felsen prallen. Einer – ein junger, dessen Augen noch so neugierig waren wie am Morgen, als er die Rüstung anzog – versuchte, zu reden. Seine Worte waren weich, doch sie zischten an Stellen, an denen Worte nicht zischen. Teela legte den Finger an den Mund. „Später,“ sagte sie, nicht streng, einfach fest. Er schwieg, und seine Zunge rann zwischen seinen Zähnen – eine Gewohnheit, die nicht mehr versteckt werden musste.
Im südlichen Gang, wo Stratos und Buzz-Off die zweite Welle bemerkten, ging es enger zu. Der Gang war niedrig, die Wände roh. Sssqueeze war dort, seine Arme lang, sein Griff ein Lied aus Klammer und Knoten. Er packte Stratos am Knöchel, doch der Luftkrieger drehte sich, nutzte den Schwung, den Griff nicht zu brechen, sondern zu verändern, so dass Sssqueeze ins Leere griff, als Stratos schon an der Wand war. Buzz-Off setzte auf die Stirn – nicht als Schlag, sondern als Kuss mit Stacheln –, und der Schlangenmensch wimmerte, nicht laut, weil seine Sprache dieses Laut nicht kennt, aber sein Körper verriet es. Mekanek, der sich vom Turm herabgelassen hatte, warf einen Satz Bänder, die Man-At-Arms ihm gegeben hatte. Sie hafteten an dem Metall, das die Schlangen an ihren Körpern trugen, und wickelten sich um sie, als folgten sie einer Formel. Rattlor im Hof hörte, was in dem Gang passierte, obwohl er nie dort gewesen war – der Boden erzählte es seinen Knochen. Er zuckte zusammen. He-Man sah es und nickte, fast unmerklich. „Es ist vorbei,“ sagte er leise. „Nicht heute. Aber hier.“
Als die falschen Wachen alle lagen – gefesselt, erschöpft, einige mit Blicken, die die Sache beenden wollten –, wurde es für einen Moment sehr still. Die echten Wachen atmeten, manche schwer, manche kontrolliert. King Randor trat in den Hof. Er hatte sich nicht sehen lassen, solange es schlug; nicht, weil er sich verstecken musste, sondern weil man einen König dort braucht, wo Entscheidungen fallen, nicht dort, wo Gelegenheiten für Ruhm sind. Er sah die Gefangenen, er sah Harran, der am Rand stand, bleich, zitternd, aber aufrecht. Er sah He-Man, Teela, Man-At-Arms, Orko, Battle Cat, Stratos, Buzz-Off, Mekanek – ein Kreis, der nicht so groß aussah, wenn man ihn ansah, aber eine Welt hielt. Er nickte, einmal, und sein Gesicht war gemischt aus Erleichterung und Schmerz. „Sie haben nicht, was sie wollten,“ sagte er leise. „Sie trugen unsere Rüstungen, aber nicht unseren Eid.“
Rattlor fauchte. He-Man kniete neben ihm, nicht, um zu verspotten, sondern um die Augenhöhe herzustellen, von der aus ein Gespräch möglich war. „Sag King Hiss,“ sagte er ruhig, „dass wir nicht in eurem Hass leben. Wir leben in unseren Eiden. Ihr könnt unsere Schalen tragen, aber nicht unsere Eide. Das ist unsere Stärke. Und wenn ihr es noch einmal versucht, werden wir wieder hier sein. Mit Geräten,“ – er lächelte Man-At-Arms kurz zu –, „mit Stäben,“ – er nickte Teela zu –, „und mit Gerüchen,“ setzte er hinzu, während Battle Cat brummte, „die wir behalten.“
Kobra Khan ließ den Kopf sinken. „Ihr habt gelernt,“ zischte er, nicht ohne Anerkennung. „Ihr habt gesehen, was nicht auf den Augen liegt.“ He-Man zuckte mit den Schultern. „Die Welt ist größer als Augen.“ Man-At-Arms hob die Sonnensteinlaterne. „Und Ohren, wenn sie lernen.“
Die Nacht wurde nicht zu einem Fest. Es gab Brot und Suppe, die Küchen hatten gearbeitet, wenn sie hörten, dass junge Männer mit leeren Mägen aus einem Kampf kamen. Teela setzte sich neben Harran, der seine Hände vor sich hielt, als seien sie nicht ganz seine. „Du hast gut getan,“ sagte sie. „Du bist zurückgekommen. Du hast gesprochen. Manchmal ist das Schwerere der Mut, zu sagen, was dir angetan wurde.“ Harran nickte. „Sie… sie haben meine Rüstung genommen.“ Es klang, als habe man ihm ein Stück Haut weggenommen. „Wir machen dir eine neue,“ sagte Man-At-Arms, der leise dazugetreten war. „Keine, die nur schützt. Eine, die singt.“ Harran blickte ihn an. Man-At-Arms lächelte. „Ich setze dir einen Sonnenstein in den Oberplattenbund. Du wirst wenig Unterschied spüren. Aber wenn jemand in deiner Nähe einen falschen Atem hat, wirst du es im Knochen merken. Eine Erinnerung. Eine, die schützt, ohne Argwohn zu sein.“
Am Morgen, als die Sonne eine Stunde alt war und die Schatten, die in der Nacht wie die Finger eines müden Riesen lagen, kürzer wurden, ritt eine kleine Einheit der Masters hinaus, den Spuren der Schlangen entgegen. He-Man, Teela, Man-At-Arms, Mekanek, Stratos, Buzz-Off, Battle Cat. Sie brauchten keinen großen Zug. Sie brauchten nicht viele Fäuste. Sie brauchten Augen, Ohren, Hände und ein Schwert. Sie fanden den Rand des Gangs, der mit Weiden und Staub gedeckt war. Sie fanden die Spuren – nicht, weil Schlangen nicht vorsichtig wären, sondern weil die Welt selbst es den Masters erzählte, wenn man ihre Sprache kannte: eine dünne Schicht Alchemistenpulver am Gras, das Buzz-Off an den Fingerspitzen haftete; eine Ritze im Stein, die zu sauber war, als habe jemand sie geleckt; ein Geruch nach Wurzelgas, den Battle Cat mit Abscheu in die Luft blies. Sie führten die gefangenen Schlangen nicht zurück in ihre Höhlen; sie führten sie in ein sicheres, kühles Loch, in dem man Gefangene hielt, die nicht wie Menschen atmeten. Dort würden sie sitzen, nicht lange, denn King Hiss ließ seine Kinder selten lang in Ketten – nicht aus Liebe, sondern aus Kalkül –, aber lang genug, dass der Hof wusste, dass die Nacht wieder zu seinen Menschen gehörte.
In der Tiefe, in seinem Thronsaal aus Rippen, saß King Hiss. Er sah nicht wütend aus. Wut war ein Luxus, den er aus Prinzip der Jugend überließ. Er sah nicht traurig aus – Trauer ist etwas für jene, die lieben. Er sah aus wie jemand, der einen Plan aus dem Bauch hat und ihm beim Scheitern zusieht, um zu lernen, welche Zutat fehlte. Sein Gesicht – das menschliche, das er über sein wahres trug – blieb ruhig, aber die Zungen der Schlangen darunter zuckten schneller. Vor ihm lag eine der kopierten Schulterplatten. Er strich mit einem Finger darüber. Er roch. „Sie haben verstanden,“ sagte er leise, zu niemandem, denn wenn er etwas sagte, hörte die Erde zu. „Sie haben Ohren in ihre Steine gesetzt. Sie haben Gerüche gelernt. Sie haben die Tritte gezählt. Gut.“ Er legte die Platte beiseite. „Dann werden wir in der nächsten Runde nicht suchen, wie man aussieht. Wir werden suchen, wie man denkt.“
Es war keine Drohung, die man auf eine Mauer schreiben konnte, sondern eine, die in der Tiefe gemacht wurde. Aber an diesem Morgen, an diesem Tag, war er nicht mehr nahe. Im Palast wischte die Sonne durch den Hof, als habe sie die Nacht von den Steinen geleckt. Wachen standen an ihren Posten. Nicht, wie gestern, angespannt wie Seile. Wachsam wie Federn. He-Man stand mit King Randor auf der Mauer, von wo aus die Schlangenweide unter ihnen lag und viel harmloser wirkte, als sie es war. Randor hielt die Hände auf das Geländer, als drückte er ein Gewicht hinab, das nur in seinem Kopf war. „Wir haben richtig gehandelt,“ sagte er, und es klang nicht wie ein Selbstlob, sondern wie ein Satz, der in einer Reihe weiterer Entscheidungen sein musste, um wirksam zu bleiben.
„Wir haben nicht nur gesiegt,“ antwortete He-Man, „wir haben gelernt. Wir haben gesehen, wie verletzlich Bilder sind. Und wie stark Riten sind. Eure Männer kennen sich in diesen Höfen besser als jeder Meißel. Das hat uns gerettet.“ Randor nickte. „Riten sind gut, wenn man weiß, wann man sie biegen kann. Wir werden unsere Eidformel ändern. Nicht, um sie zu verstecken. Um sie lebendig zu halten.“ Er lächelte He-Man kurz zu. „Man-At-Arms hat vorgeschlagen, dass jeder Wachwechsel eine Frage hat, die nur die, die gestern Nacht dabei waren, beantworten können, und morgen andere. Eine kleine Sache. Aber kleine Dinge sind Knoten, an denen große Seile halten.“
Teela trat dazu, der Stab an der Schulter. „Die Rüstungen…“ begann sie, und Man-At-Arms gesellte sich, bevor sie enden musste. „Sind zurück. Die kopierten hier,“ er klopfte auf eine Kiste, „werden wir in der Waffenkammer in eine Nische hängen, damit wir nie vergessen, dass Schutz nicht nur aus Stahl ist. Und Harrans Rüstung…“ Er lächelte. „… hat jetzt eine Geschichte mehr. Sie fehlt ihr nicht. Sie trägt sie.“
Harran stand am Exerzierplatz, in seiner neuen alten Rüstung. Oberkörperplatte, die wieder auf seiner Haut lag, als sei sie nie weg gewesen, obwohl sie jetzt einen Hauch stärker war, weil Man-At-Arms den inneren Bund neu vernietet und mit einem dünnen Band aus weichem Metall eingefasst hatte, das den Schweiß besser fing. Die Schulterrüstungen knarrten genau an der richtigen Stelle. Die Armplatten waren gereinigt, aber die Kratzer blieben – zu wichtig waren ihre Geschichten. Die Beinrüstungen hatten ein neues Scharnier, das sich anfühlte, als sei es immer da gewesen. Er salutierte Teela, die ihm sah und in ihren Augen die richtige Mischung aus Stolz und einem Wissen, das nicht schal wurde. „Bei eurem Befehl, Hauptfrau?“ „Beim Leben,“ sagte Teela. „Und bei den Ohren.“ Harran lächelte. „Und bei der Nase,“ sagte er und sah zu Battle Cat, der gähnte und so tat, als hätte er nicht das Beste getan.
Die restlichen „falschen Wachen“ identifizierten sie nicht in einem Tag, sondern in zwei, denn die Schlangen hatten nicht nur die Front geschickt. Es gab zwei, die bereits in den Palast geschlüpft waren – einer, der in der Nähe des Cisternenhofs stand und in die Tiefe der Zisternen starrte, als lausche er auf eine Einladung, die aus der Erde kam; und eine, die an einer kleinen Tür die Form der Klinke nicht mochte. Sie fielen, nicht dramatisch, aber bestimmt, als Man-At-Arms mit einer kleinen, flachen Schale ging, die er unter ihre Hände hielt, als er sie grüßte – eine Schale mit Kingerblütenpulver. Dort, wo menschlicher Atem sie kühl umfächelt hätte, verpuffte sie in einem Ton, den man mit dem Hals hörte. Sie schickten sie in dieselben Zellen wie die anderen. Nicht, weil sie hart sein wollten, sondern weil sie die Regeln halten mussten, deren Bruch den Hof in das, was er war, erschaffen hätte.
Als die Sonne im Westen hing – diese Sonne, die nicht gefangen war und deren Licht nicht geliehen war –, versammelten sich die Masters, die Wachen, König Randor, Marlena, einige Höflinge, die klug genug waren, ein paar Schritte zurück zu stehen und dennoch alles zu sehen, in einem Hof, der normalerweise für Feste benutzt wurde. Es gab keine Fahnen, keine Musik. Es gab Worte. King Randor sprach sie, nicht lang, nicht schwer. „Es ist uns gelungen,“ sagte er. „Nicht, weil wir stark waren. Weil wir wach waren. Und weil wir dem vertraut haben, was wir wissen, und dem misstraut haben, was uns schmeichelt.“ Er sah He-Man an, der nicht im Vordergrund stand, sondern neben Battle Cat, der sich die Pfote leckte. „Wir hatten Glück,“ sagte He-Man. „Und wir waren viele.“ Es war kein falsche Bescheidenheit, es war Mathematik. Man-At-Arms trat vor, hob die kleine Laterne. „Ich werde diese Laterne nicht ausmachen,“ sagte er, „nicht, weil ich die Nacht nicht mag, sondern weil ich mag, wenn Licht in Dinge geht, in denen man sonst nicht sieht.“ Orko kicherte, doch es war kein Spott. „Ich bin so stolz auf meine Schalen,“ sagte er, „dass ich beinahe vergesse, dass sie nur Schalen sind. Aber ihr habt es mir gezeigt. Danke.“
Wenn später, in den Jahren, jemand im Palast neue Wachen einführte, erzählte man die Geschichte von der Nacht, in der die Schlangen als Freunde kamen. Nicht, um sie zu ängstigen, sondern um ihnen zu zeigen, was man tut, wenn Bilder stark sind. Man führte sie unter dem Sonnensteinbogen hindurch – nicht immer, nicht mechanisch, sondern so, dass die Erinnerung wach blieb. Man ließ sie aus der Schale mit Kingerblütenpulver atmen – nicht, um ihnen zu zeigen, dass sie Menschen sind, sondern um ihnen zu zeigen, dass sie Menschen zusammen sind. Und manchmal, wenn die Sonne sehr schön war und der Wind die Schlangenweide wie Wasser machte, ging Harran auf die Mauer, legte die Hand auf den Stein, der so alt war, dass er keine Worte hatte, und sagte einfach in den Wind: „Ich war in euren Tiefen. Ich kam zurück.“ Der Wind antwortete nicht. Er musste nicht. Der Stahl sang, wenn zwei Soldaten im Hof übten, und ihr Lied war feiner als vorher.
King Hiss, tief unten, machte seine Kreise. Er zeichnete neue Linien, er ließ seine Schmiede andere Kanten glätten, er lehrte seine Kinder, die Tritte zu zählen, die die Wachen im Hof machten. Er verwarf die Kopien der Rüstungen nicht; er hing sie in seine Halle wie Trophäen, die ihm sagten, wo der Boden rutschig ist. Und er wartete. Er war die Geduld. Aber er wusste nun, dass Geduld krumm sein kann, wenn der Kreis da oben sich anders schließt. Er hatte etwas gelernt, das weder seine Schlangenhaut noch seine menschliche Maske mochte: dass Eide, die aus Herzen kommen, schwerer zu kopieren sind als Panzer, die aus Metall sind. Es gefiel ihm nicht, aber er legte es nicht ab. Er gab es seinen Kindern weiter, vielleicht, damit sie es später wenden konnten, vielleicht, weil sogar ein König der Schlangen manchmal die Wahrheit kosten will, die in den Luftsäulen anderer liegt.
Eternos lebte. Die Märkte klangen, die Brunnen sangen, die Wachen lachten wieder, wenn der Wind eine Mütze davontrug. He-Man ging durch die Stadt, nicht, um sich feiern zu lassen – es gab genug Kinder, die ihn mit großen Augen sehen wollten –, sondern um zu sehen, ob das, was sie getan hatten, in den Steinen saß. Teela trainierte, ernst und auch einmal lachend, und wenn ihre Wachen bei der Figur „Dreh unter dem rechten Arm“ zögerten, lachte sie, nicht, um sie zu verspotten, sondern um ihnen zu sagen, dass die Welt nicht nur aus Tests besteht. Man-At-Arms polierte eine Linse, die nie trüb war, aber er polierte sie, weil Polieren eine Art zu denken war. Orko probierte einen neuen Trick, bei dem Kingerblütenpulver in der Luft Herzchen machte, wenn ein Mensch daneben seufzte; es gelang ihm zum dritten Mal in zehn Versuchen, und das war, für Orko, ein Erfolg. Battle Cat rollte sich in die Sonne und tat, als schlafe er, aber wenn eine Ameise über seinen Pfotenrücken lief, zuckte seine Haut.
In jener Nacht, in der sich die Kühe in den Ställen umdrehten, weil es die Stunde war, und in der der Mond nicht mehr tat, als er tun sollte, saßen He-Man, Teela und Man-At-Arms für einen Moment auf der Mauer. Sie sprachen nicht von Plänen, nicht von Furcht, nicht von Stolz. Sie sahen. Nicht in die Schlangenweide. Nicht in die Stadt. In die Tatsache, dass sie zwischen zwei Dingen sitzen und dass ihre Arbeit nicht endet, aber heute, heute, ein Ende gefunden hatte, das man guten Ausgang nennt. He-Man legte die Hand auf den Stein, den Harran am Morgen berührt hatte. Er fühlte nichts, außer dem, was man fühlt, wenn man die Welt berührt, die man gern mag. „Bis morgen,“ sagte er in die Luft. Und es war, als antworte etwas in dem Raum zwischen ihnen und dem Himmel: „Bis morgen.“ Das war genug. Die Rüstungen, die in den Racks hingen, klirrten leise, und in dem Klang war keine Furcht mehr, sondern das Wohlgefühl, das Metall kennt, wenn es weiß, dass seine Schwere nicht nur Last ist, sondern Schutz. Die falschen Rüstungen hingen in einer Nische, und wenn jemand vorbeiging, warf er ihnen einen Blick zu, der nicht spottete – er erinnerte.
Der Hof schlief. Nicht fest, nicht naiv. Wachsam. Und die Schlangen, dort draußen, rieben sich an Felsen und häuteten sich und wurden in der Nacht selbst zu etwas anderem – nicht besser, nicht schlechter, nur anders. Sie würden wiederkommen. Sie würden es versuchen. Aber wenn sie wieder als Freunde kämen, würden sie wieder jemanden finden, der ihre Zunge hört, bevor sie beißt. Und das war, auf Eternia, für diesen Tag Sieg genug.